Gut und Böse – eine Frage der Moral?
20. Oktober 2024Unter einem Trauma zu leiden, ist in diesen Tagen keine Ausnahme mehr.
Diese Gesellschaft hat so schwere Erschütterungen zu verkraften, dass eine traumatische Reaktion eher die Ausnahme, als die Regel ist.
Inhaltsverzeichnis
Definition eines Traumas
In der Psychotraumatologie ist ein Trauma die Folge eine schweren Erschütterung, die als existenzbedrohlich und als Bruch in der Lebensgeschichte erlebt wird.
Entsprechend der Resilienz kann es geschehen, dass eine Person durch ein und dasselbe Ereignis traumatisiert wird, eine andere jedoch nicht.
Trauma als körperliches Geschehen
Im Trauma werden die Überlebensinstinkte geweckt und der Körper stellt sein Nervensystem auf Überlebensmodus um.
Im Überlebensmodus wird der Mensch auf Flucht, Angriff oder Todstellen reduziert und die Überlebensinstinkte übernehmen die Führung.
Um das Gelingen zu gewährleisten werden große Energiemengen, die sonst als Reserve in den Zellen gespeichert sind freigesetzt.
Körperliche Kraft
Wenn die Instinkte Flucht oder Angriff entscheiden, dann ist der Mensch in der akuten Situation weit stärker, als sonst.
Menschen, die um ihre Leben kämpfen, haben alle Kraft der Welt zur Verfügung.
Auch jemand, der vor einer Bedrohung flüchtet, kann plötzlich weit schneller werden, als er es sonst ist.
Totstellreflex
Anders ist es, wenn die Instinkte den Eindruck haben, dass Flucht oder Angriff chancenlos sind.
Dann stellt sich der Totstellreflex ein und alle körperlichen Kräfte werden blockiert.
Es kann sein, dass Menschen plötzlich weiche Knie bekommen und nicht mehr richtig stehen können oder vor Schreck sogar ohnmächtig werden.
Ein besonders belastendes Phänomen ist der „Freeze“, ein Zustand, in dem ein Mensch wie angewurzelt da steht und nichts mehr tun kann.
Auch das ist eine Schutzreaktion, in der die Instinkte beschlossen haben, es sei besser, „sich rauszuhalten“.
Traumatischer Helferschock
Der Instinkt reagiert in Sekunden auf die akute Bedrohung und es ist wichtig zu verstehen, dass Menschen im Trauma keine bewussten Entscheidungen treffen können, sondern reagieren.
Bein manchen Menschen äußert sich das im Helferschock.
Das bedeutet, dass sie instinktiv genau wissen, was sie zu tun haben und durch die freigewordenen Kräfte sehr lange im Einsatz sein können.
Lässt die Bedrohunglage nach, brechen sie meist erschöpft zusammen und sind dann oft länger geschwächt.
Reaktion statt Überlegung
Was in allen traumatischen Situationen gleich ist ist, dass der Mensch reagiert und nicht nachdenken kann.
Da alle Kräfte auf Flucht, Angriff oder Todstellreflex konzentriert sind, werden die höher entwickelten Fähigkeiten des Menschen, z.B. strategisch denken zu können, in der Bedrohungslage weniger wichtig.
In der traumatisierenden Situation gibt es nur reflexhafte Reaktionen, die auf das Überleben ausgerichtet sind.
Welche Arten von Trauma gibt es?
Traumata entstehen durch Naturkatastrophen, Kriegserlebnisse, schwere Autounfälle oder Erfahrungen als Opfer von Kriminalität.
Aber auch Kinder erleben traumatische Situationen in der Familie, im Kindergarten oder vor allem auch in der Schule.
Im Klima der psychischen Gewalt entstehen naturgemäss Traumata, auch wenn hier oft nicht erkannt wird, dass das Nervensystem die Bedrohung als lebensdrohlich einstuft.
Ein besonders schwieriges Thema sind Traumata, die man von Vorfahren übernommen hat.
Diese so genannten „transgenerationalen Traumata“ sind nicht verarbeitete Traumata der Vorgenerationen, die zum Teil über sehr lange Zeit von einer Generation auf die nächste übertragen wird.
Zittern als Traumafolge
Dr. Peter A. Levine, geb. 1942, Biophysiker und Psychologe, ist bekannter amerikanischer Traumaexperte und Begründer der SE, (Somatic Experience).
Er beobachtete, wie Tiere, wenn sie beispielsweise einem Raubtier entkommen waren begannen, eine Weile völlig unkontrolliert zu zittern.
Levin erkannte, dass es eben dieses Zittern war, dass den Körper vor traumbedingten Verspannungen oder anderen im Körper gespeicherten Nachwirkungen eines Traumas schützte.
In naturnahen Kulturen haben trommelbegleitete Schütteltänze eine ähnlich Funktion.
TRE
Wenn Menschen unkontrolliert beginnen zu zittern, dann ist das im Moment noch nicht als positive Stressreaktion anerkannt.
Stattdessen wird das so genannte Neuronale Zittern oft sogar medikamentös unterdrückt.
Aber es reicht auch, wenn jemand versucht, sich „zusammenzureissen“, das Zittern ist noch nicht als positive Reaktion einer Traumabewältigung bekannt.
Daher wird Trauma in der Regel im Körper gespeichert und hier kommt eine Behandlungsform: das TRE zum Tragen.
Hier ein Beispiel, das man auch einfach mal alleine für sich ausprobieren kann:
Überlebensschuld
Auch wenn Trauma ein stark körperliches Geschehen ist, so sind doch die psychischen Folgen von traumatischen Erlebnissen ein großes Problem.
In Katastrophensituationen, die Leben gefordert haben, können die Überlebenden ein Schuldgefühl entwickeln, weil sie überlebt haben.
Der Mensch im Freeze kann Schuldgefühle entwickeln, weil sie oder er „nichts getan hat“, beispielsweise um jemandem zu helfen.
Dissoziation
Ein typisches Zeichen für Traumatisierung ist, wenn jemand im dissoziativen Zustand mit starrem Blick vor sich hinstarrt.
Kindern wird in der Schule dann beispielsweise vorgeworfen, dass sie „mit offenen Augen schlafen“.
Sollten Sie das beobachten, erschrecken Sie die Person bitte nicht, sondern erkennen Sie an, dass dieser Mensch gerade ein Traumasymptom zeigt.
Aggressive Ausbrüche
Ein weiteres typisches Traumazeichen ist das plötzliche Hochfahren oder aggressiv werden.
Wenn Traumata getriggert werden, können Betroffene plötzlich sehr wütend werden.
Diese Wutausbrüche sind oft schuldbelegt, weil sie nicht kontrollierbar sind.
Statt das zu verurteilen ist eine Ursachenforschung hilfreicher.
Wichtig ist vor allem, dass diese Aggression, die dem Angriffsmodus entspricht, nicht nach innen gerichtet wird.
Selbstmedikation
Viele Menschen, die in der traumatischen Erregungszuständen hängen bleiben, versuchen sich selbst zu medikamentiern.
Oft greifen sie nach dem entspannenden Alkohol und geraten in die Sucht.
Aber Tabletten, Drogen und Alkohol bringen nur neue Probleme.
Vernünftiger sind Gespräche und Hilfsangebote, die dabei unterstützen, das Erlebte zu verarbeiten und in einen guten Kontext zu setzen.
Langzeitfolgen von Traumata
In der Zeit nach einem Trauma stellen sich oft Depression, Panikattaken, Kopfschmerzen, Schlafstörungen uvm. ein.
Die Symptome können vielfältig sein.
Menschen fühlen sich gestresst, sind manchmal suizidal, verletzen sich selbst.
Oft ist beobachtbar, dass sie nicht über das Erlebte reden wollen und sich durch Überaktivität ablenken.
Dabei versuchen sie den erschreckenden Gefühlen durch Erinnerung zu entgehen.
Andere wiederholen immer wieder die gleichen Geschichten, was das Umfeld in Stress versetzen kann.
Was tun?
Die Meinungen darüber, wie mit einem Trauma zu verfahren ist, gehen weit auseinander.
Verhaltenstherapeuten sind nicht der Meinung, dass man ein Trauma erinnern sollte, weil sonst eine Retraumatisierung einsetzt, Tiefenpsychologie halten oft eine jahrelange Therapie für richtig.
Ich selbst halte Selbsterkenntnis grundsätzlich für einen lebenslangen Prozess, aber der kann nach einer Traumatherapie auch über andere Schienen angestrebt werden.
Drei Phasen der Traumabehandlung
Wichtig sind professionelle Ansprechpartner, die bei der Bewältigung unterstützen.
Wichtig ist, dass der Traumatisierte Mensch sich auf den Weg macht, um herauszufinden, was am besten zu ihr oder ihm passt.
Phase 1 – Stabilisierung:
Als erstes geht es darum, Stabilität im Leben wiederzufinden. Kräfte werden Mobilisiert und gestärkt. Ohnmacht und andere schwächende Emotionellen werden überwunden, sowie Eigeninitiative eingeübt.
Phase 2 – Verarbeitung:
Die Verarbeitung des Traumas. Es gibt Ansätze, die das Trauma eher zu- als aufdecken. Das kann in manchen Fällen, in denen zu befürchten steht, dass der Mensch die Situation nicht verarbeiten kann, durchaus berechtigt sein. Meiner Erfahrung nach ist die Bewusstmachung von Traumata aber effektiver, als das Zudecken. Erst, wenn es machbar ist, sich mit dem, was geschehen ist, ruhig auseinanderzusetzen, ohne getriggert zu werden, ist das Trauma wirklich überwunden.
Phase 3 – Integration
Die Integration der Erlebnisse in die Lebensgeschichte sorgen dafür, dass die traumatischen Erlebnisse als Teil der eigenen Biografie akzeptiert werden. Sehr oft ist es so, dass das Trauma das Bewusstsein erweitert hat und die Perspektive auf das Leben grundlegend verbessert hat. Vielleicht hat sich auch ein völlig neuer Umgang mit dem Leben eingestellt. Das ist notwendig, damit Sie wieder das Gefühl entwickeln können, dass Sie selbst Ihr Leben gestalten und nicht irgendwelche Umstände.
Perspektive
Im traumatischen Erleben selbst, stellt sich oft ein Gefühl von Hoffnungslosigkeit und Resignation ein.
Es ist wichtig, zu erkennen, dass das „nur“ das Trauma ist.
Oft müssen Traumatisierte Menschen lernen, die Unausweichlichkeit des Todes zu akzeptieren.
Das wiederum hilft jedoch grundsätzlich jedem Menschen bei der Lebensbewältigung..
Wenn die Integration gelingt, hat die traumatische Erfahrung zu einem tieferen Erleben, einem erweiterten Bewusstsein und einem größeren Herzen geführt – unbedingt ein lohnender Weg!
Was unser Verein tun kann
Der Soulfit Factory e.V. hat sich die Psychoeduktion auf die Flagge geschrieben und wir stehen gerne für Vorträge und Präsentationen zur Verfügung.
Tiefer gehende Workshops, die Führungskräfte, die sich im Rahmen ihrer Führungstätigkeit entsprechend informieren und fortbilden möchten, bieten wir gerne über die Psychosophics an.
Wenn Sie persönliche Unterstützung suchen oder Fragen haben, stehen wir gerne für Orientierungsgespräche zur Verfügung.
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