
von Tina Wiegand
Wahrheit als Störung
Dass Individuen traumatisiert werden können, ist weitgehend bekannt. Aber Trauma kann auch einen kollektiven Charater haben. So hat Kriegs-Propaganda vielleicht über einige Jahre Erfolg und ermöglicht den Profiteuren, im Namen der Bevölkerung ihr Blutbad zu verrichten. Aber die Psyche spürt die Wahrheit und so kann es zu einem Spannungsverhältnis zwischen Psyche und Ratio kommen. Manche Menschen führt Propaganda nur in die Irre, manche Systeme jedoch in den Irrsinn, wie man in manchen politischen Umfeldern zunehmend erkennen kann. Wahrheit drängt immer ans Licht, je stärker sie verborgen wird, um so machtvoller der Versuch, sich zu befreien. Wahrheit schaut nicht darauf, welche Folgen sie hat. Sie ist einfach da und sie ist einfach wahr. Wenn sie verschleiert werden soll, dann stört sie durch Unruhe, Symptome, durch Schlaflosigkeit und Krisen, bis sie erkannt wird. Wenn das, was rational gelernt wurde, nicht zu den Gefühlen passt, die die Psyche produziert, beginnt der Mensch zu suchen. Der Spannungszustand zwingt ihn dazu. Dabei kommen auch manchmal FEHL-Deutungen heraus, die dann allerdings nur dem Spannungszustand entsprechen, aber nicht der Wahrheit. Das sind dann die Schein-Wahrheiten, die fanatisch und u.U. mit Gewalt verteidigt werden (müssen).
Staat, Vertrauen und Trauma-Reaktion
- rasende Aggressionen
- Flucht
- resignativer Totstellreflex
- Erstarrung – Freeze
Flucht aus dem Chaos
Die Angst zu kurz zu kommen
Das Wanken des Landes
Trauma-Erbe, Krieg und Armutsdenken
Reichtum versus Wohlstand
Die Trauma-Erben des 1. und 2. Weltkrieges treffen in den Flüchtlingen die frisch Kriegstraumatisierten. Die, die kommen, triggern die unsäglichen Seelenschmerzen, die die Menschen hier versuchen, durch Sicherheit im Außen zu kompensieren. Die Erinnerung an die Kriegsursache, das große Hungern von 1929 löst bis heute schreckliche Emotionen aus. Und eigentlich ist es das, was die Menschen nicht haben wollen: dieses Entsetzen, diese Angst, diese Trauer über die Millionen von Opfern, die alle einem unvergleichlichen Profitfeldzug geopfert wurde. Die Gefühle, die im Trauma auf Körperebene gebündelt sind, sind überbordend, sind zu groß, sind wie emotionale Tsunamis, die die Seele zu überschwemmen drohen. Haben Sie schon mal von einer riesigen Welle geträumt, die droht Sie zu verschlingen? Das sind die Emotionen eines Traumas. Diese emotionale Tsunami wird auf die projoziert, die da kommen und wir glauben, sie kämen als Tsunami. Trauma ist Existenzangst und tiefste Verzweiflung. Keine Gefühle, die man gut aushalten kann. Also schiebt man sie weg – und mit ihnen die Triggermomente, in diesem Fall die Flüchtlinge. Erst wer ein Stück weit ausgeheilt ist, kann die erkennen, die nach wie vor vom Blutvergießen profitieren und den Schock ertragen, von welchen Unmenschen hier die Rede ist. Bis dahin werfen Traumatisierte Traumatisierten ihre Trauma-Reaktionen vor – irrer kann es nicht mehr werden.
Was wir brauchen
Langfristig führt diese Schieflage bestenfalls zur Wiederholung dessen, was das Trauma verursacht hat – den Wiederholungszwang des Krieges. Doch was wir wirklich brauchen sind Lösungen für die Verstrickungen von Schuld und Sühne, Rituale für die Erben von Opfern und Tätern, Distanzierung von Medien-Meinung zugunsten Selbst-Erfahrenem und Überwindung von Urteil zugunsten des Verständnisses. Niemand hat gesagt, dass das einfach ist. Aber man kann irgendwo an irgendeiner Ecke anfangen zu lernen.
In diesem Sinne mag ich noch mal auf unseren Vortrag hinweisen: Auch, wenn unsere Vorträge nicht alles abdecken können – der Sollfit Factory e.V. ist ein Puzzleteil, ein Mosaikstein im größeren Bild der Lösung vom Armutsdenken. „Trauma und Selbstentfremdung“ mit Isabel Praun und Eva Copland-Cale ist ein weiterer Wissensbissen für Sie. Wie immer ist der Vortrag kostenfrei und Anmeldung unter info@soulfit-factory.org.
Thanks a lot for the post.Really thank you! Much obliged.